Die Grundwasserneubildung GwN wird gemäß DIN 4049-3 (1994) als "Zugang von infiltriertem Wasser zum Grundwasser" definiert und ist ein wichtiges Maß für die natürliche Regenerationsfähigkeit der Grundwasserressourcen. Meistens wird als Eingangsgröße für die Menge des infiltrierten Wassers der Anteil des Niederschlagswassers verwendet, der nicht durch Verdunstung bzw. Evapotranspiration und Direktabfluss (Oberflächenabfluss und Zwischenabfluss) abgezweigt wird. Es handelt sich damit um die Sickerwassermenge, die die Grundwasseroberfläche erreicht und somit zur Speisung des Grundwassers führt. Zusätzlich kann ein Grundwasserkörper aus einem anderen Grundwasserkörper gespeist werden oder infiltriertes Wasser aus einem Oberflächengewässer (künstlich oder natürlich) erhalten. Mehr Details finden sich in der FAQ-Zusammenstellung am Ende des Textes.
Die Summe aller positiven Wasserbilanzglieder, z.B. Grundwasserneubildung aus Niederschlag und die Zusickerung aus einem oberirdischen Gewässer, für einen Grundwasserabschnitt, wird als „Grundwasserdargebot“ des jeweiligen Grundwasserkörpers bzw. Teil-Grundwasserkörpers bezeichnet. Das gewinnbare Dargebot ist das mit technischen Mitteln förderbare Grundwasserdargebot;
Messtechnisch lässt sich zumindest die Sickerwasserrate beispielsweise durch Lysimeter erfassen.
Für die Bewirtschaftung der Ressource Grundwasser und für wasserrechtliche Bilanzierungen des nachhaltig nutzbaren Grundwasserdargebots wurde in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit oftmals die mit dem Wasserhaushaltsmodell mGROWA berechnete mittlere jährliche Grundwasserneubildung für die 30-jährige Periode 1981-2010 herangezogen.
Im Verlauf des Kooperationsprojektes GROWA+ NRW 2027wurde das Modell mGROWA vom LANUV in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich aktualisiert und weiterentwickelt. Im Rahmen von Vorträgen (Verlinkung am Ende des Textes) haben sowohl das Forschungszentrum Jülich als auch das LANUV NRW darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund der klimatischen Entwicklung der letzten 20 Jahre die langjährigen Mittelwerte der Grundwasserneubildung für die Periode 1981-2010 für die wasserwirtschaftliche Planung und Genehmigung aus heutiger Sicht ungeeignet sind. Stattdessen wird empfohlen, die Periode 1991-2020 als aktuelle Referenzperiode (langjähriger Mittelwert) zu verwenden. Außerdem ist es sinnvoll, eine aktuelle Minimumdekade (2011-2020) für mögliche Trockenperioden, die sich den Klimaprojektionen zufolge auch zukünftig wiederholen können, als Referenzzeitraum für eine resiliente Bewirtschaftung zu berücksichtigen. Außerdem stehen die Informationen aus den Klimaprojektionen des ReKliEs-De-Verbundes im Klimaatlas NRW und im LANUV-Fachbericht 110 (Teilbericht IX; Begleitdokument) für die einzelnen Regionen Nordrhein-Westfalens (Projektionen für 2011/2040; 2041/2070; 2071/2100) zur Verfügung. Die Ergebnisse zur Netto-Grundwasserneubildung aus der Klima-Impact-Studie sind auch hier verfügbar.
Das LANUV empfiehlt daher, den um 10 Jahre verschobenen Zeitraum 1991-2020 (aktuelle Klimanormalperiode) als Referenzperiode der langjährigen mittleren Grundwasserneubildung zu nutzen, um der klimatischen Entwicklung der letzten beiden Dekaden, sowie den Langzeit-Beobachtungen und Klimaprojektionen Rechnung zu tragen. In diesem Zeitraum trat eine Häufung von Jahren mit unterdurchschnittlicher Grundwasserneubildung auf.
Auswertungen des Forschungszentrums Jülich zeigen, dass für die Periode 1991-2020 die landesweite mittlere Grundwasserneubildung um ca. 16 % (24 mm/a) gegenüber der bisherigen Periode 1981-2010 zurückgegangen ist. Der Rückgang war regional unterschiedlich ausgeprägt, aber in allen Regionen feststellbar. Diese Daten sind auch im Klimaatlas NRW abrufbar.
Rasterdaten der mittleren Grundwasserneubildung für die Periode 1991-2020 und weitere Zeiträume sowie für Jahresmittelwerte (ab 1961) können über das Open Data-Angebot des Landes NRW (OpenGeodata.NRW / Produkte / Umwelt und Klima / Wasser / Grundwasser / Wasserhaushaltsmodell mGROWA) bezogen werden.
Mit der Referenzperiode der mittleren Grundwasserneubildung 1991-2020 steht Wasserbehörden und Fachplanern in NRW eine gemeinsame wasserwirtschaftliche Beurteilungs- und Planungsgrundlage zur Verfügung. Diese wird ergänzt um die aktuelle Minimumdekade (z.B. 2011-2020)und extreme Entwicklungspfade, die sich für die Region aus den Modelldaten (LANUV-Fachbericht 110 und Klimaatlas NRW) ergeben. Diese Bemessungsgrundlagen werden auch künftig in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren sein, da mit weitergehenden Veränderungen zu rechnen ist. Darüber hinaus wird an der Harmonisierung von Methoden zur Erstellung von Wasserbilanzen bzw. zur Quantifizierung der Grundwasserneubildung sowie zur Ermittlung des nachhaltig nutzbaren Dargebots (vergleichende Betrachtung der einschlägigen Methoden) auf Bundes- und Landesebene gearbeitet.
GROWA+ NRW 2027: 3. Begleit-AK am 28.06.2024:
Vortrag des Forschungszentrums Jülich (Seiten 38 - 48):
Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und Konsequenzen für die Grundwasserbewirtschaftung
Sabine Bergmann, Frank Herrmann;
Präsentation des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, 08.03.2024
Auswirkungen des Klimawandels auf Grundwasserhaushalt
Wolfgang Leuchs, Sabine Bergmann, Dorothee Levacher, Peter Neumann;
Präsentation des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, 22.11.2007
Ergebnisse der Klima-Impact-Studie (Daten)
Für Rückfragen und fachliche Erläuterungen zu diesem Thema stehen die Kolleginnen und Kollegen des Fachbereich 52 des LANUV (Fachbereich52(at)lanuv.nrw.de) gerne zur Verfügung.
Wie wird die Grundwasserneubildung ermittelt? Welche Daten werden benötigt?
Messtechnisch lässt sich die Sickerwasserrate mit Lysimetern oder mit Saugtensiometern oder Saugplatten erfassen. Die Sickerwasserrate ist noch nicht mit der Grundwasserneubildungsrate im Landschaftswasserhaushalt gleichzusetzen, weil Entzüge aus Drainagen, urbanen Systemen und Zwischenabfluss (Interflow) vor Erreichen des Grundwasserspiegels möglich sind. Daher wird die Grundwasserneubildung rechnerisch durch Wasserhaushaltsmodelle ermittelt. Eingangsgrößen werden aus der klimatischen Wasserbilanz entnommen (Niederschlagsrate, potenzielle Grasreferenzverdunstung / tatsächliche Evapotranspiration unter Berücksichtigung der Vegetation und Böden). In NRW wird beispielsweise das Modell mGROWA eingesetzt (sowie GLADIS; RUBINFLUX) und andere Verfahren.
Folgende Daten werden somit benötigt: Niederschlagsdaten, Temperaturdaten, Landnutzung, Geländemodell, Bodenarten und Bodeneigenschaften, Grundwasserflurabstände, Gewässernetz, Versiegelte Flächen, künstliche Abflusssysteme / Infiltrationen
Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Grundwasserneubildung aus?
Steigende Temperaturen führen zu einer steigenden Evapotranspiration und häufigeren bzw. intensiveren Starkregenereignissen. In der Bilanz kann die Grundwasserneubildung dadurch geringer werden. Es sind aber auch Perioden oder Gebiete mit steigender Grundwasserneubildung denkbar, je nachdem, wie sich die Niederschläge räumlich und zeitlich verteilen. Aufgrund der höheren Temperaturen, stärker austrocknenden Böden und längeren Vegetationsperioden verkürzt sich jedoch der Zeitraum der Grundwasserneubildung. Dies führt dazu, dass letztlich weniger Niederschlagswasser zur Grundwasserneubildung beiträgt. Tendenziell kann durch die fallenden Grundwasserstände der Grundwasserzufluss in die Oberflächengewässer abnehmen und die Versickerung von aus Oberflächengewässern in das Grundwasser zunehmen. Der Wasserkreislauf wird also durch die steigenden Temperaturen verändert, was auch zu einer veränderten Qualität des Grundwassers führen kann.
Der Einfluss des Klimawandels wird durch Grundwasserstandsanalysen und Modellberechnungen (Klimamodelle und Modelle zur Ermittlung der Grundwasserneubildung) untersucht, dazu gibt es für Deutschland und NRW einige Studien und Publikationen u.a. des LANUV. Bei den Grundwasserstandsmessungen zeigen sich signifikant fallende Trends. Die Projektionen zur Entwicklung der Grundwasserneubildung für die künftigen Dekaden zeigen hingegen ein inhomogenes Bild, wobei sich aber extremere Verhältnisse in beide Richtungen (trockener und nasser) abzeichnen.
Welche Bestimmungen enthält die EG-Wasserrahmenrichtlinie oder das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für die mengenmäßige Grundwasserbewirtschaftung?
Nach EG-WRRL und WHG sind Gewässer so zu bewirtschaften, dass der gute mengenmäßige Zustand der Grundwasserkörper erreicht oder eingehalten wird. Insbesondere darf die Summe der Entnahmen nicht höher sein als das Dargebot. Zudem müssen Grundwasserstände und Quellschüttungen beobachtet werden. Wenn diese einen fallenden Trend zeigen, sind Prüfungen erforderlich, ob der Zustand noch gut ist oder ob gegensteuernde Maßnahmen erforderlich sind. Auch ist die Qualität des Grundwassers im Hinblick auf mögliche Versalzung oder sonstige Intrusionen von Schadstoffen zu untersuchen, die durch Entnahmen bedingt sein können. Auch darf es nach den Bestimmungen der WRRL und WHG aufgrund von Entnahmen oder sonstigen Eingriffen in das Grundwasserdargebot nicht zur Schädigung von grundwasserabhängigen Landökosystemen, mit dem Grundwasser verbundenen Gewässern oder zur Beeinträchtigung vorhandener sensibler Nutzungen (insbesondere Trinkwassergewinnung) durch fallende Grundwasserstände oder abnehmende Quellschüttungen kommen. Das WHG enthält dazu allgemeine Sorgfaltspflichten (§§5+6) zum sorgsamen, sparsamen Gebrauch, enthält Regelungen für Gewässernutzungen, insbesondere Entnahmen, formuliert die Bewirtschaftungsziele für Gewässer / Wasserkörper allgemein (§ 37) und für das Grundwasser im Speziellen (§47). Der mengenmäßige Grundwasserzustand ist nach Maßgabe der WRRL und der GrwV repräsentativ zu überwachen und alle sechs Jahre zu bewerten.
Grundwasser, Wasserversorgung, Trinkwasser, Lagerstättenabbau
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